Kennt ihr diese Lese-Challenges, bei denen man über einen bestimmten Zeitraum hinweg ganz viele verschiedene Bücher liest? Genau so einer stellte ich mich letztes Jahr.
Während ich mich durch Trilogien, Debütromane und verfilmte Bücher wühlte, verzweifelte ich an der Aufgabe, ein Buch zu finden, das mich zum Weinen bringt – bis mir Familienkrankheit Alkoholismus: Im Sog der Abhängigkeit von Ursula Lambrou in die Hände fiel.
Die Autorin hat da ein ganz wunderbares Buch geschrieben. Es ist 1990 im Rowohlt Taschenbuch Verlag erschienen, wurde 2017 überarbeitet und erweitert und der Titel ist Programm. Es ist ein Buch, das schonungslos die Auswirkungen von Alkoholismus auf eine Familie beschreibt.
Das Buch Familienkrankheit Alkoholismus: Im Sog der Abhängigkeit ist das Ergebnis einer quantitativen Feldstudie, die die Autorin selbst durchführte. Es reiht sich jedoch nicht in die bereits zahlreich vorhandenen Ratgeber für Alkoholiker:innen ein.
Denn Ursula Lambrou ist das erwachsene Kind suchtkranker Eltern. Deshalb wendet sie sich in ihrem Buch an die erwachsen gewordenen Töchtern und Söhnen.
Verstehen und Lösungen finden
Das Buch ist in zwei Teile aufgeteilt. Im ersten Teil geht es zunächst um das Verstehen: Warum ist Alkoholismus eine Familienkrankheit und welche Verhaltensweisen gehen damit einher?
Hier beschreibt Ursula Lambrou auch ausführlich typische Erlebnisse und Gefühle der Kinder suchtkranker Eltern. Untermalt werden die Erzählungen durch zahlreiche Zitate.
In diesem Teil des Buchs wird also viel Wissen vermittelt.
Da Wissen zwar ein notwendiger, aber kein ausreichender Schritt für die eigene Heilung ist, wird es im zweiten Teil deutlich lösungsorientierter: In den Kapiteln beschreibt Lambrou ganz konkrete Selbsthilfemaßnahmen.
Zum Abschluss werden noch Anlaufstellen, Zusatzinformationen, sowie Literaturempfehlungen aufgelistet.
Mitten ins Herz
Ursula Lambrou schreibt gut verständlich und nuanciert über die Lebenssituation von Kindern alkoholkranker Eltern. Als betroffene Person findet man sich schnell in ihren Beschreibungen wieder. Nicht zuletzt deswegen trifft ihr Buch mitten ins Herz.
Auszusetzen gibt es von mir eigentlich nur eins: Das Buch ist zwar wissenschaftlich fundiert, es fehlt jedoch eine intensiviere Bezugnahme auf andere empirische Studien.
Insbesondere hätte ich mir ein ausführlicheres Zitieren anderer Quellen gewünscht, so dass man von ihr getätigte Aussagen noch einmal nachlesen kann.
Viele der zitierten Quellen sind zudem sehr alt, so dass unklar bleibt, ob die Aussagen dem aktuellen Forschungsstand entsprechen.
Diese Mängel können Lambrous Familienkrankheit Alkoholismus: Im Sog der Abhängigkeit aber nichts anhaben. Denn der Charme des Buchs entsteht nicht aus seiner wissenschaftlichen Korrektheit, sondern aus der tiefen Empathie, die es den Kindern alkoholkranker Eltern entgegenbringt.
Man fühlt sich verstanden und man versteht sich selbst auch ein bisschen besser. Eventuell erwischt man sich sogar beim Gedanken:
„Das bin ja ich! Sie spricht doch da von mir!“
Glücklicherweise hört das Buch nicht bei der Empathie auf, sondern bietet betroffenen Kindern alkoholkranker Eltern auch Gedankenimpulse zur Selbsthilfe.
Kurzum: Ein absolutes MUSS für jedes erwachsene Kind alkoholkranker Eltern.
Habt ihr Lust, das Buch Familienkrankheit Alkoholismus von Lambrou zu lesen? Oder habt ihr es bereits gelesen? Wie hat euch das Buch gefallen? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!
Quelle